
Schönborn würdigt verstorbenen Verleger Franz Richard Reiter
Kardinal Christoph Schönborn hat das Lebenswerk des verstorbenen Verlegers und Publizisten Prof. Franz Richard Reiter gewürdigt. Reiter sei ein Verleger mit großem Idealismus und Unbedingtheit gewesen und habe durch sein Wirken an "Menschen im geistigen Widerstand zum Nationalsozialismus" sowie an dessen Opfter erinnert. "Mit Franz Richard Reiter, mit dem ich viele Jahre freundschaftlich verbunden war, verliert Österreich eine bedeutende Persönlichkeit, die sich um die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit sehr verdient gemacht hat", so der Kardinal in einer Stellungnahme vom Samstag gegenüber Kathpress.
Durch sein verlegerisches Wirken habe Reiter versucht, "Menschen, die im geistigen Widerstand zum Nationalsozialismus standen oder Opfer wurden, in Erinnerung zu behalten", so Schönborn. Reiter sei mit großem Idealismus und Unbedingtheit ans Werk gegangen, wobei ihm die Stimme der Wahrheit wichtiger als wirtschaftlicher Erfolg gewesen sei. Der Kardinal erinnerte auch an das verlegerische Credo des Verstorbenen: "Darüber darf man nicht schweigen."
Franz Richard Reiter, der am 20. Mai im Alter von 72 Jahren nach längerer Krankheit verstarb, war über Jahrzehnte hinweg eine prägende Persönlichkeit in der österreichischen Erinnerungs-, Verlags- und Kulturarbeit. Das Begräbnis findet am 16. Juli um 13 Uhr in der Aufbahrungshalle 1 am Wiener Zentralfriedhof statt, wie seine Familie am Samstag bekanntgab.
Reiter wurde in Wien geboren, studierte Theologie und Germanist, gründete und leitete dann den Ephelant-Verlag und widmete sich über viele Jahre der christlich fundierten Aufarbeitung der Zeitgeschichte. Dabei war er beseelt von tiefem Glauben, ausgeprägtem politischen Bewusstsein und vom Ziel, aus historischer Erinnerung heraus Verantwortung für Gegenwart und Zukunft zu übernehmen.
In diesem Geist gelang ihm unter anderem die Neuauflage von Irene Harands Buch "Sein Kampf", in dem die katholische Intellektuelle 1934 direkt gegen Adolf Hitler Stellung bezog und deshalb 1938 aus Österreich fliehen musste. Schönborn selbst verfasste das Vorwort zu dieser Ausgabe. Ebenso bedeutend ist die Herausgabe von Iakovos Kambanellis' Werk "Die Freiheit kam im Mai", das ein wichtiges Zeitzeugnis über den NS-Terror im KZ Mauthausen darstellt und zugleich den griechischen Widerstand gegen den Faschismus würdigt. Sowohl zu Kambanellis als auch zu Harands Werk organisierte Reiter öffentliche Marathonlesungen, um diese Stimmen einem breiten Publikum zugänglich zu machen.
Auch in der kirchlichen Bildungs- und Erinnerungsarbeit war Reiter ein geschätzter Partner. Er arbeitete eng mit Pfarren, Schulen, kirchlichen Bildungseinrichtungen und diözesanen Stellen zusammen und wurde für sein Engagement mehrfach ausgezeichnet. Hervorzuheben sind weiters Reiters Publikationen über Leopold Ungar, Erwin Ringel und Rosa Jochmann. "Das Motto meiner Bücher könnte lauten: Hier unterscheiden sich die Toten wohl durch ihre Namen, im Ruhm bleibt jeder unvergesslich einzigartig, wie er war", sagte er noch wenige Tage vor seinem Tod.
Über Jahrzehnte war Reiter zudem beim ORF in den Bereichen Volksbildung, Jugendbildung, Schulfunk und Wissenschaft tätig. Er verfasste zahlreiche Manuskripte für Hörfunkproduktionen, die er auch gestaltete und inszenierte. Bedeutende Serien wie "Die österreichische Emigration nach Frankreich", "Die kulturelle österreichische Emigration nach Großbritannien" oder "Sterben und sterben lassen" stammen aus seiner Feder. Sein Schaffen umfasste auch sozialwissenschaftliche Fragestellungen, philosophische Themen und biographische Porträts von Persönlichkeiten wie Karl Rahner, Simon Wiesenthal und Viktor Matejka.
Neben seiner publizistischen Tätigkeit war Reiter als Schauspieler aktiv und trat regelmäßig öffentlich auf. Über viele Jahre unterrichtete er an der Wirtschaftsuniversität Wien im Bereich Rhetorik, insbesondere im Fach "Emanzipatorische Rhetorik", und leitete entsprechende Kurse. Als Kurator der "Anni und Heinrich Sussmann Stiftung" sowie zahlreicher Ausstellungen und Veranstaltungen vermittelte er erfolgreich zwischen Geschichte, Kultur und Bildung.
Quelle: kathpress