
Ordensspitäler wollen Dreieck Forschung-Ausbildung-Versorgung stärken
Eine stärkere Verknüpfung von universitärer Forschung, medizinischer Ausbildung und klinischer Versorgung sowie ein gezielter Einsatz digitaler Lösungen bilden aktuell die großen Themenschwerpunkte in den Wiener Ordensspitälern. Sie sollen auch die Weiterentwicklung in den kommenden Jahren maßgeblich prägen, erklärte Heinrich Resch, seit diesem Frühjahr neuer Sprecher der Wiener Ordensspitäler, gegenüber Kathpress. Die Entlastung im administrativen und diagnostischen Berufsalltag durch digitale Assistenzsysteme solle Fehleranfälligkeit minimieren, das Personal entlasten und ihnen mehr Zeit für die Versorgung von Patientinnen und Patienten ermöglichen.
Anders als in Institutionen mit "Stechkartenmentalität" spiegle sich in der familiären Atmosphäre und dem Fokus auf das Wohl der Menschen das Selbstverständnis der Ordensspitäler wider, so Resch. "Zwischenmenschlichkeit, Nächstenliebe und Religion haben in den Ordensspitälern einen großen Stellenwert und zeigen sich im Umgang mit den Patienten". Und weiter: "Wir sitzen geistig neben unseren Patientinnen und Patienten und nicht ihnen gegenüber. Wir fühlen uns in sie hinein und belehren sie nicht."
Der Ausbau von digitalen Hilfen und der philanthropische Ansatz der Ordensspitäler gingen Hand in Hand, wie Resch ausführte. 30 bis 40 Prozent der Arbeitszeit verbrächte das Personal derzeit noch hinter dem Laptop, um elektronisch Daten aufzunehmen und zu verarbeiten. In Entwicklung befindliche digitale Hilfen ermöglichten mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten, denn diese könnten diagnostische Pfade vorgeben oder automatisch Überweisungen erstellen, die vom Personal noch einmal auf Sinnhaftigkeit überprüft werden müssten. Diese Instrumente würden in Zukunft entscheidend werden.
Robotermedizin und Apps
Schon seit vielen Jahren setzten die Wiener Ordensspitäler auf die Entwicklung digitaler Technologien und Robotermedizin, wie auch der Geschäftsführer des Franziskus Spitals Martin Steiner, der kaufmännische Direktor des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Günter Pacher und Pierre Saffarnia, Pressesprecher der Vinzenz Kliniken Wien, bei einem Mediengespräch in der vergangenen Woche betonten. Der Da Vinci-Roboter, ein chirurgisches Assistenzsystem, das in der Medizin insbesondere in der minimalinvasiven Chirurgie eingesetzt wird, ist etwa schon seit 2011 im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder im Einsatz, erklärte Pacher.
In der Vinzenz Gruppe wurde die App "Hallo Gesundheit" entwickelt, mit der Patientinnen und Patienten Termine ausmachen, Befunde abrufen und digitale Sprechstunden vereinbaren können. Sie sei nicht nur für Ärztinnen und Mitarbeiter eine "große Erleichterung", sondern vor allem auch für erkrankte Menschen. Denn: "Oft sind unsere Patienten nicht mobil und es ist schwer für sie, den Weg zum Krankenhaus auf sich zu nehmen", erklärte Saffarnia.
Auf aktuelle Herausforderungen kam der neue Sprecher der Wiener Ordensspitäler zu sprechen: den Pflegemangel, der derzeit nicht mit dem Ärztemangel vergleichbar sei. "Wir müssen uns bewusst sein, dass wir genug ausgebildete Menschen haben, die aber nicht in ihrer angestammten beruflichen Orientierung arbeiten", beklagte der Mediziner die sich zuspitzende Situation, vor allem seit der Coronakrise. Es fehle an Wertschätzung, aber es gäbe Lösungen, wie etwa die Ausbildungsoffensive der Stadt Wien, an der die Ordensspitäler mitwirken.
"Nach den Jahren der Pandemie und Belastung geht es gerade wieder aufwärts. Jetzt sollten funktionierende Strukturen ausgebaut werden", so Steiner, Geschäftsführer vom Franziskus Spital. Die Wiener Ordensspitäler wollen in Zukunft auch weiter Forschungskooperationen mit Universitäten und anderen Gesundheitseinrichtungen forcieren.
Sieben Ordensspitäler in Wien
Insgesamt blickte der Rheumatologe und Gastroenterologe, dessen berufliche Stationen "vom Grätzelspital bis zur Mayo Clinic in Rochester" sowie in Sozialkliniken - etwa in Griechenland während der Flüchtlingswelle - reichten, mit Zuversicht auf die Errungenschaften der Ordensspitäler und ihre Zukunft. "Ich habe weltweit Patientinnen und Patienten in unterschiedlichen Gesundheitssystemen behandelt und Spitzenmedizin erlebt", erzählt Resch. Aus der Summe dieser Erfahrungen habe er gelernt, das österreichische Gesundheitssystem zu schätzen, erklärte Resch etwa mit Blick auf die "berühmte und fast schon historische" Nichtversicherten-Ambulanz im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien. In seiner Zeit in den Vereinigten Staaten lautete die erste Frage "What is your insurance?" und nicht "What symptoms do you have?". Das sei "abscheulich" gewesen.
"Ordensspitäler sind nicht altmodisch, sondern hochmodern, mit einer starken christlichen Basis", erklärte Christa Praher-Ennöckl, Leiterin der Kommunikations-Abteilung im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. Die Werte gingen auf die jeweiligen Ordensgründer zurück. Der Heilige Johannes von Gott (1495-1550) habe Menschen von der Straße aufgesammelt und sie gepflegt - "ob Dirne oder Händler", so Praher-Ennöckl. So werden auch heute in den Ambulanzen im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, Religion und Geschlecht und mit oder ohne Krankenversicherung behandelt.
Die sieben gemeinnützigen Wiener Ordensspitäler umfassen das Barmherzige Brüder Krankenhaus (1020 Wien), das Franziskus Spital (1030 und 1050) und die Spitäler der Vinzenz Kliniken Wien. Zu diesen zählen das Herz-Jesu Krankenhaus (1030 Wien), das Barmherzige Schwestern Krankenhaus Wien (1060 Wien), das Orthopädische Spital Speising (1130 Wien), das St. Josef Krankenhaus (1130 Wien) und das Göttlicher Heiland Krankenhaus (1170 Wien). Im Vorjahr wurden 460.085 Patientinnen und Patienten in den Ordensspitälern betreut und 58.975 Operationen durchgeführt.
Quelle: kathpress